Vor 5 Jahren verkauft: Ein Barnimer Kfz-Meister blickt zurück
Einem Handwerksbetrieb mit 6 Angestellten gelingt nach 30 Jahren eine Unternehmensnachfolge
Maria Wichmann traf Herrn Wolf, um über seine abgeschlossene Unternehmensnachfolge zu sprechen. Er führte 30 Jahre lang eine Kfz-Werkstatt im Barnim.
Herr Wolf, erzählen Sie bitte wie Sie einen Nachfolger gesucht und gefunden haben.
Den Anstoß, etwas in Sachen Nachfolge zu tun, gab meine Frau:
“Wie lange willst du das eigentlich noch machen?”
Ich hatte mir vorgenommen, mit 60 aufzuhören. Über Jahre hatte ich halb ernsthaft in meinem Netzwerk herumgeschaut, wen ich für geeignet halten würde, meine Werkstatt zu übernehmen. Meine Kinder wollten aus verschiedenen, nachvollziehbaren Gründen nicht. Von den Mitarbeitern fragte ich zwei, ob sie Interesse an einer Übernahme hätten. Sie hatten beide gerade ein Haus gebaut und wollten keine weiteren finanziellen Belastungen. Ich habe mit den Mitarbeitern offen über meine Nachfolgepläne gesprochen. Keiner hat im Übernahmeprozess gekündigt.
Auf einem Fest der Dekra (Deutschen Kraftfahrzeug-Überwachungs-Vereins) kam ich dann zufällig mit einem Kollegen ins Gespräch. Er war angestellter Meister und wollte sich selbständig machen. Immer wenn wir uns trafen, sprach er mich darauf an, ob ich nicht abgeben möchte. Irgendwann schlug ich vor, wir könnten uns ja mal an einen Tisch setzen und darüber reden. Das taten wir und tauschten Erwartungen aus. Ich wollte, dass alle Mitarbeiter übernommen werden. Alle meine anderen Forderungen an den Nachfolger waren ok.
Wir haben eine Lösung gefunden, die zu uns passte. Niemand hat sich am Ende betrogen gefühlt.
An welche Besonderheiten erinnern Sie sich?
Aus verschiedenen Gründen kam es nie dazu, dass wir die Werkstattimmobilie kaufen konnten. Durch häufige Eigentümerwechsel bekamen wir in den letzten Jahren immer nur noch kurze Pachtverträge von 1-2 Jahren. Das war problematisch bei der Nachfolgersuche, lag aber nicht in unserer Macht.
Auf einer Veranstaltung hatte ich verstanden, wie hinderlich Pensionszusagen bei der Nachfolge sind. Trotz erheblicher finanzieller Verluste haben wir die Zusagen aus dem Unternehmen herausgenommen, um es für einen Nachfolger attraktiver zu machen.
Nach der Übergabe war ich noch 1 Jahr angestellt, um bei einem nahtlosen Übergang zu unterstützen. Die Kunden kamen trotzdem immer zu mir und fragten “Kannste mal schnell…?” Ich verwies dann immer an den neuen Chef.
Über die Nachfolge haben wir öffentlich wenig kommuniziert. So haben wir zum Beispiel keine Anzeige in der Zeitung geschaltet, weil wir die Kunden nicht verunsichern wollten. Vielleicht würde ich das heute anders machen.
Was war am schwersten?
(Überlegt lange und schaut aus dem Fenster) Hmmm… Gute Frage. … Das Loslassen, weil der Nachfolger doch immer auch einen eigenen Stil hat. Daran musste ich mich gewöhnen. Heute sehe ich das ganz gelassen und bin zufrieden, wie alles gelaufen ist.
Wie verbringen Sie heute Ihre Tage?
Ich lese mehr, fahre mehr Rad und spiele gern Billard.
“Ich mache all das, was früher am Rande stattfinden musste.”
Meine Kinder bauen sich gerade Häuser. Da bin ich oft und helfe. Außerdem habe ich Enkelkinder.
Es ist gut, keinen Druck mehr zu haben. Wenn ich etwas an einem Tag nicht schaffe, mache ich es eben später.
Wenn ich alte Kollegen treffe, fragen Sie mich häufig nach meiner Nachfolge und sagen dann:
“Mensch, ich müsste mich auch kümmern. So wie das bei dir war, wünsche ich mir das auch.”
Was raten Sie Menschen, die ein Unternehmen abgeben möchten?
Die Frage “Passt das zu uns?” hat uns oft gut im Nachfolgeprozess geleitet. Gelernt haben wir das in den 90ern. Da tauchten plötzlich viele Leute mit gut gemeinten Ratschlägen auf. Ein Herr riet meiner Frau zum Beispiel, sie solle nicht mit dem Trabi zu Terminen bei der Bank fahren. Das sähe so aus als würde das Geschäft nicht gut laufen. Ich habe mich mit meiner Frau hingesetzt und wir haben gemeinsam überlegt “Passt das zu uns und wollen wir das wirklich?” - Wir sind weiter mit dem Trabi zur Bank gefahren.
Diese Frage hat uns immer wieder geholfen,
“Passt diese Idee zu uns?”
Abgebende sollten sich einen Termin setzen und ein Alter festlegen, wann sie aufhören wollen. Dann können sie die Aufgabe aktiv angehen. Bei mir lief es sehr glatt. Ich habe für alles nur 2 Jahre gebraucht.
Fangen Sie an! Wenn nicht jetzt, wann ist ein besserer Zeitpunkt?
Herzlichen Dank für das offene Gespräch, Herr Wolf. Es ist toll zu hören und zu sehen, wie zufrieden Sie das Kapitel abgeschlossen haben. Ich wünsche Ihnen Gesundheit und Freude im Leben und mit der Familie.
Autorin: Maria Wichmann
Veranstaltungstipps
Wie erweitern unsere Veranstaltungstips hin zu Themen über zukunftsfähiges Arbeiten und Führungskompetenzen.
Überlegen Sie, ob einzelne Themen eventuell auch für Ihre Mitarbeitenden relevant sind. Alle gelisteten Veranstaltungen sind für Sie kostenfrei.
Fachtagung Frauen in Brandenburgs Wirtschaft – Da geht noch mehr!
20. November | 10:00 - 14:00 Uhr | Potsdam | IHK | Details
Nachfolge zum Frühstück Erfolgreiche Unternehmensnachfolge beginnt im Kopf! - Wie unsere Hirne ticken müssen, damit Nachfolgewünsche in Erfüllung gehen
23. November 2023 | 9:00-10:30 Uhr | online | IHK | Details
Sprechtag Unternehmensnachfolge (Kaufpreis, Unternehmensbewertung)
29. November 2023 | Eberswalde | IHK | Details
Nachhaltigkeitsfrühstück Nr. 7 – Nachhaltigkeit ohne Manager*in, Beispiel aus der Praxis
29. November 2023 | 10:00 - 12:00 | online | Unternehmerverband Berlin Brandenburg e.V. & Netzwerk Gemeinwohl-Ökonomie Unternehmen Berlin-Brandenburg e. V. | Details
Von Uber, Airbnb & Co lernen Workshop, um das Konzept der „Sharing Economy“ oder „Kollaborative Wirtschaft“ kennenzulernen
30. November 2023 | 16.00 - 17.30 | Frankfurt/Oder | Details
Sprechstunde für Nachfolge, Gründung und Förderung
08.12.2023 | 09:00 - 15:00 | Königs Wusterhausen | HWK | Details
Sprechstunde für Nachfolge, Gründung und Förderung
14.12.2023 | 09:00 - 15:00 | Online | HWK | Details